<144> in Madrid, hatte die Königin von Spanien durch den Vorschlag der Vermählung des Infanten Don Carlos mit der Erzherzogin Maria Theresia, der Erbin des Hauses Österreich, geködert. Die Hoffnung, in ihren Häusern alle Besitzungen Karls V. wieder zu vereinigen, bewog die Königin und den König von Spanien, dem Kaiser sehr vorteilhafte Bedingungen zu machen.

König Georg hegte den Argwohn, der Vertrag enthalte geheime Vereinbarungen zugunsten des Prätendenten. Frankreich war ungehalten, weil Spanien es dem Kaiser durch seine Subsidien ermöglichte, die Ostender Kompagnie durchzusetzen. Der König von Preußen war durch mehrere heftige Dekrete gekränkt, die Karl VI. ihm wegen gewisser Zinsforderungen an die Magdeburger Lehngüter gesandt hatte. Da alle drei Mächte Beschwerden gegen den Wiener Hof hatten, mußten die Bande, die sie miteinander knüpften, um so haltbarer sein, als sie auf ihren Sonderinteressen beruhten. Diese Einheit der Anschauungen führte zum Vertrag von Hannover1.

Der Form nach war es ein Schutzbündnis und beruhte auf gegenseitigen Garantieleistungen. Frankreich und England verpflichteten sich in einer unbestimmten Fassung, die alle möglichen Auslegungen zuließ, zur Vermittlung nach dem Tode des Kurfürsten von der Pfalz, damit Preußens Rechte auf die Erbfolge in Berg in keiner Weise geschmälert würden2. Schweden, Dänemark und Holland traten dem Vertrag nachträglich bei. Frankreich und England wollten in Wirklichkeit dem Haus Österreich zu Leibe. Zu diesem Zweck hofften sie, sich des Königs von Preußen zu bedienen, um dem Kaiser Schlesien wegzunehmen. Friedrich Wilhelm war nicht abgeneigt, die Ausführung des Planes auf sich zu nehmen. Er verlangte nur, daß eine einzige Brigade Hannoveraner zu seinen Truppen stieße, damit er sich nicht ganz allein in ein so bedeutsames Unternehmen einließe, oder aber daß die Verbündeten mit ihm eine Diversion gegen Österreich verabredeten, die sie von einer anderen Seite her zur selben Zeit ins Werk setzen sollten, wenn er die Operationen in Schlesien begänne. Diese Alternative war vernünftig; doch der König von England wollte sich nicht unzweideutig dazu erklären.

Als die Verbündeten kaum ihren Vertrag in Hannover unterzeichnet hatten, kam in Wien ein anderes Bündnis zwischen dem Kaiser, dem König von Spanien, dem Zaren3 und einigen deutschen Fürsten zustande. Durch solche großen Bünde, die Europa in zwei mächtige Parteien spalten, wird das Gleichgewicht der Kräfte aufrechterhalten; die Stärke der einen hält die Macht der anderen in Respekt. So beugt die Klugheit geschickter Staatsmänner oft Kriegen vor und erhält den Frieden selbst dann noch, wenn der Krieg schon vor der Tür sieht.

Sobald der Zar den Wiener Vertrag unterzeichnet hatte, erhob er beim König von Preußen eindringliche Vorstellungen wegen seiner Parteinahme. Unter Drohungen,


1 3.September 1725. Gewöhnlich Bündnis vonHerrenhausen genannt.

2 Vgl. S. 121.

3 Viel-
     mehr der Zarin Katharina I., der Nachfolgerin des am 8. Februar 1725 gestorbenen Zaren Peter I